Erfahrungsbericht zum Vixen ED 130 SS

von Wolfgang Paech

Im Frühjahr 2000 stellte mir die Firma Vehrenberg einen Vixen Refraktor ED 130 SS für einem ausführlichen Test zur Verfügung. Da der Test - bis auf wenige Ausnahmen - subjektiv durchgeführt wurde, nenne ich ihn hier "Erfahrungsbericht", da keine ähnlichen Geräte vergleichend getestet wurden.

Und damit an dieser Stelle keine falschen Vorstellungen über den Bericht entstehen, der vorweg genommen sehr positiv ausfällt; Das Testgerät wurde inzwischen käuflich - gegen Rechnung - erworben.

Das optische System des ED 130 besteht aus einem 2-linsigem Objektiv aus ED-Gläsern und einem 1-linsigem Korrektor, der in den Okularauszug integriert ist. Dieses System korrigiert ausschliesslich das fotografische Bildfeld auf Bildfehler, nicht aber Farbrestfehler des Objektivs (Restchromasie). Für visuelle Beobachtungen sollte der Korrektor entfernt werden, hier ist er wirkungslos. Zusätzlich ge-winnt man leicht an Transmission, da der Strahlengang eine Glas-Luft Ein- und Austrittsfläche weniger passieren muss.

Die Objektivöffnung beträgt 130mm bei einer Brennweite von 860mm; Das Öffnungsverhältnis ergibt sich somit zu f/6.6. Damit zählt der ED 130 sicherlich zu den - heute üblichen - "schnellen" Refraktoren. Weitere wichtige Daten zum Instrument finden Sie in folgender Tabelle:

Fotografisches Feld (24x36mm) 1.6 x 2.4 Grad
Visuelle Grenzgröße, theoretisch 12m3
Auflösungsvermögen, theoretisch 1.1 Bogensekunden
Fokustoleranz (lambda = 550nm, grün), theoretisch

0.1mm = 100 my

Gewicht (nur Tubus mit Sucherfernrohr) 5.7 kg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur Messung der Restchromasie (eine ausschlaggebende Größe für fotografische Beobachtungen auf Farbfilm) wurde am Okularauszug eine Messuhr montiert, die eine Ablesung von 0,01 mm (10my) gestattet. Zur Beurteilung der Abbildungsleistung (Beugungsbild) und zur Bestimmung der Restchromasie wurde ein künstlicher Stern eingesetzt. Zur Farbtrennung wurden breitbandige Interferenzfilter (ca. 100mm Bandbreite) gleicher mechanischer Dicke eingesetzt (siehe Erfahrungsbericht "Transmissionswerte der neuen RGB-Filter der Firma IDAS/VIXEN").

Die Lochblende (Künstlicher Stern) hatte einen Durchmesser von 0.19 mm. Bei einer Entfernung von 50 Metern zwischen Objektiv und Blende erscheint sie unter einem scheinbaren Winkel von 0.75 Bo-gensekunden. Die Beobachtungen und die Messungen erfolgten in einem klimatisierten Messkeller der Universität Hannover. Vorteil hier: durch die gleichbleibende Temperatur gibt es keinerlei Seein-geffekte, d.h. es zeigt sich ein stehendes Beugungsbild des künstlichen Sternes "wie ein Foto aus dem Lehrbuch". Beobachtet wurde mit einem Eudiaskopischen Okular der Firma Baader mit f=5mm; Die Vergrösserung betrug somit 172fach.

 

 

 

Beurteilung des Beugungsscheibchens im Integrallicht

Das obenstehende Bild zeigt den ED, aufgebaut im Messlabor. Am Ende des Ganges - 50m vor dem Objektiv - steht der künstliche Stern.

Das Objektiv zeigt ein perfektes zentrales Beugungsscheibchen mit einem deutlich sichtbaren ersten Beugungsring und einem zweiten, der aber nur noch schwach sichtbar war. Das bedeutet, dass der Haupteil des Lichtes im zentralen Scheibchen vereinigt wird. Die Helligkeit des künstlichen Sterns entsprach in etwas einem realen Stern der 1. - 2. Größenklasse (beleuchtet wird die Blende mit einer Halogenlampe). Mit einem Exzenteransatz wurde das Beugungsbild auch ausserhalb der optischen Achse geprüft. Auch hier zeigt der ED das Beugungsbild perfekt. Astigmatismus oder andere geometrische Bildfehler waren bei V=172fach nicht erkennbar.

Die Farbe des zentralen Scheibchens war rein weiß, der erste Beugungsring allenfalls schwach orange. Die intra- und extrafokalen Bilder waren farblich leicht asymetrisch (intrafokal leicht rötlich, extrafokal leicht bläulich). Dies ist bei einem Zweilinser - auch mit ED-Gläsern - zu erwarten.

 

 

 

Die Werte der Restchromasie (Farblängsfehler)

Messmethode

Der künstliche Stern wurde visuell durch das Grünfilter fokussiert und die Messuhr auf Null gestellt. Dann wurde das Filter gewechselt (Rot/Blau) und jeweils die neue visuelle Fokusstellung an der Messuhr abgelesen. Die Messungen ergaben folgende Werte: Abweichung Grün zu Rot = + 50 my, Abweichung Grün zu Blau = - 80 my.

 

Somit ergab sich eine Gesamtfokus- differenz zwischen rot und blau von 130my (0.13mm). Da die Filter exakt die gleiche mechanische Dicke hatten, ist dies die wahre Fokusdifferenz. Sie überschreitet im Blauen geringfügig die Toleranz von theoretisch 0.1mm um 0.03mm, die für den ED 130 SS gilt.

 

 

 

Optische Beurteilung anhand visueller Beobachtung

Die Farbkorrektur ist für einen 2-linser ausgezeichnet. So zeigt sich bei visueller Beobachtung allenfalls bei sehr hellen Sternen "der Hauch" eines blauen Farbsaumes. Der Abbildungskontrast ist "knackig" (Jupiter/Saturn). Detaillierte Beobachtungen zum Auflösungsvermögen (Doppelsterne) wurden bislang nicht durchgeführt, ich zweifle jedoch nicht daran, dass dieser Refraktor den theoretischen Wert von 1."1 bei lambda = 550nm erreicht (Rayleigh Kriterium) .

Zusätzlich wurden jedoch noch Sonnenbeobachtungen durchgeführt. Als Filter wurde BAADER "Astrosolar Folie" eingesetzt, welche bei sorgfältiger Montage Hochwertige Glasfilterqualität erreicht. Das Gerät zeigt "auf den ersten Blick" die Sonnengranulation deutlich, scharf und sehr kontrastreich. Dies sollte bei 130mm Öffnung auch so sein. Der hohe Kontrast, mit dem die Granulation abgebildet wird, zeigt, dass das Objektiv extrem wenig Streulicht produziert, also sorgfältig auspoliert ist und das die Streulichtblenden im Tubus den richtigen Durchmesser haben und geometrisch korrekt montiert sind.

 

 

 

 

Die mechanische Verarbeitung macht auf Anhieb einen soliden und sauberen Eindruck. Der Okularauszug war sehr sauber eingestellt. Über entsprechende Schrauben ist er zusätzlich justierbar. Selbst mit einer CCD-Kamera (ca. 1kg) und waagerechter Lage des Tubus, "kippelt" der Auszug beim Fokussieren maximal 0.05mm (Messuhrablesung am Auszug, siehe Bild).

 

 

 

Zubehör

Optisches Zubehör in 1-1/4 und 2 Zoll ist anschliessbar. Sehr positiv fällt auf: Vixen "spendiert" diesem Teleskop serienmässig ein 7x50 Sucherfernrohr (alles andere wäre bei dem hohen Kaufpreis aber auch lächerlich).

Für fotografische Beobachtungen mit dem ED gibt es einen speziellen Kameraansatz, da die Filmebene einen genau definierten Abstand zum Korrektionselement haben muss. Wird dieser Abstand nicht eingehalten, verschlechert sich die Abbildungsleistung in den Bildecken deutlich. Die Kamera ist bei dieser Montage um 360 Grad beliebig und frei drehbar.

Fazit zur fotografischen Beobachtung

Für die fotografische Beobachtung mit Farbfilmen sollte über ein leichtes Grünfilter fokussiert werden, denn dann liegt man mit der Fokussierung genau in der Mitte zwischen Rot und Blau. Dabei darf sich das Filter allerdings nicht zwischen Objektiv und Film befinden, sonst ergibt sich durch die mechani-sche Filterdicke eine Fokusverschiebung (das Filter wird nach dem Fokussieren ja wieder entfernt). Um die leichte Überschreitung der Fokustoleranz im Blauen zu dämpfen, könnte es empfehlenswert sein, ein leichtes UV-Sperrfilter in den Strahlengang zu setzen (wurde aber noch nicht ausprobiert).

Gesamtbeurteilung

Das einzig bemängelbare ist - zumindest in meinen Augen - der doch "schmerzhaft" hohe Preis von DM 7990.- (nur Tubus, Rohrschellen und Sucherfernrohr, Stand Oktober 2000). Aber ich meine, dieser Refraktor ist seinen Preis wert, Optik und Mechanik sind Spitzenklasse. Ich kenne einige Geräte ähnlicher Öffnung und Bauweise die viel teurer und optisch viel schlechter sind. Ein Vorteil: Wenn man einen ED bestellt, bekommt man ihn in der Regel auch innerhalb weniger Wochen.

Alle Ausführungen gelten selbstverständlich nur für dieses Testgerät, welches mir zur Verfügung stand. Ob das für andere Teleskope dieser Serie in gleicher Weise gilt, ist aber - zumindest innerhalb gewisser Toleranzen - anzunehmen.

 

 

 

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